Aus dem Kriegsdenkmal wird ein Mahnmal. Solidaritätserklärung an den Künstler von Jürgen Hagenguth:

Solidaritätserklärung!

Wir schreiben das Jahr 2020. Selbst 75 Jahre nach dem Vernichtungskrieg der Deutschen im II. Wertkrieg und fast 100 Jahre nach dem verbrecherischen Krieg gegen Belgien, Frankreich, Groß-Britannien, Polen und Russland (dem I. Weltkrieg) hat das Ausland weiterhin zu befürchten, dass Deutschland seine ökonomischen Expansionsziele weiterverfolgt. Nun nicht mehr gegen seine direkten Nachbarn. Aber die Gefahr ökonomische Ziele mit militärische Mitteln zu erreichen geht weit über das deutsche Staatsgebiet hinaus. In einem globalisierten Markt geht es um global-strategische Ziele. Und Einflusssphären deutscher Politik enden nicht an den Randzonen Europas. Einflussnahmen fokussieren sich auch auf Staaten im Nahen und Fernen Osten, die unter deutscher Kontrolle gehalten werden sollen. Frontex und zahlreiche Auslandseinsätze deutscher Truppen lassen grüßen. Das Mittelmeer und die Ägäis werden zu Meeren der Toten nachdem auch schon der deutsche Staat Millionen Euro dafür leistete, dass Flüchtlinge und Asylanten aus Zentraleuropa herausgehalten werden. Obwohl man gleichzeitig durch eine extensive Rüstungsexport-Politik Grundlagen von Flucht und Vertreibung befeuert.

Im Innern zementiert sich seit langem in der Gesellschaft ein Verständnis dafür, dass deutsche Geschichte mit ihren Annektierungszielen und die Unterwerfung von Kolonialgebieten in Fernost und Afrika, dem Hegemonial-Anspruch durchaus gerechtfertigt gewesen sei. An dem deutschem Wesen, an dem die Welt genesen soll! Deutsche Militärpolitik als Sicherstellung deutscher Wirtschaftsinteressen soll auch heute weiterhin Bestand haben.

Bei dem Kriegs-Denkmal in Kalkar geht es genau darum. Am diesem Ort wird zu zwei Vernichtungskriegen pointiert Stellung bezogen. Die Kriegsverherrlichung ist hier in Stein gemeißelt und gilt als schützenswert für die Obrigkeitspolitik in Kalkar. Dieser Ort, zusammen mit dem nahegelegenen Uedem, ist nicht kein weißer Fleck auf der Landkarte. Hier befindet sich das Leitzentrum für Kriegführung der Bundeswehr und der NATO am Niederrhein. Und ist damit die Drehscheibe für die Kriegsführung im Luftraum zwischen Atlantik und dem Orient.

In dieser Stadt mit Luftkriegsführungsbunkern am Stadtrand rechtfertigt dieses Denkmal zweier Weltkriege, die vom Deutschem Boden aus geführt wurden und: die den Einsatz Deutscher Truppen in einem industriell geführten Vernichtungsfeldzug in unvorstellbarem Maß die Schicksale von Millionen Menschen im In- und Ausland ins Verderben führte. Wilfried Porwol, der Aktionskünstler vom Niederrhein, ist dieser Spur der einvernehmlichem Übereinstimmung zwischen militaristischer Geschichte Deutschlands und heutigem Geschichtsrevisionismus mit seinen Mitteln künstlerischer Gestaltung auf den Nerv gestoßen. Ist nicht dieser Spruch auf dem faschistischen Denkmal in Kalkar ein Dorn im Auge jedes Demokraten? Der Spruch auf der Rückseite des Denkmals ist ein gemeißeltes Hitler-Zitat:

»Mögen Jahrtausende vergehen, man wird nie von Heldentum reden können, ohne des deutschen Soldaten im Weltkrieg zu gedenken«

Es ist entliehen aus dem faschistischen Machwerk von Adolf Hitler „Mein Kampf«, den manche Zeitgenossen gerne noch als den größten Feldherrn aller Zeiten halten. Und seine Armee, die auf ihn eingeschoren war, wird sogleich mit verehrt.

Das Kriegerdenkmal in martialischer Darstellung mit Reichsadler und Heldenverehrung der Kämpfer der Weltkriege weckt die Erinnerung an den vergeblich ausgeführten Größenwahn Deutschlands, dauerhafte Weltrangstellung zu erlangen und alle ökonomisch konkurrierenden Mächte rundherum niederzuwerfen. Dass dies nach zwei Versuchen gescheitert ist, haben wir der Entente-Staaten im Ersten Weltkrieg und der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg zu verdanken. Besonders die Sowjetunion erbrachte bis zur Befreiung Deutschland vom Faschismus die meisten Opfer. Es darf allerdings angesichts der heutigen Rüstungsanstrengungen darüber keine Beruhigung eintreten. Die Hochrüstung und Deutschlands Beitrag durch die nukleare Teilhabe (deutsche Bomber fliegen Nuklearwaffen ins die Kriegsziele) ist die Kriegsdrohung aktueller denn je. Als ob die Atombombenabwürfe der USA über Nagasaki und Hiroschima nicht schon als Kriegsverbrechen gereicht hätten.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat dem Bundestags-Haushaltsausschuss Beschaffungsvorhaben vorgelegt. Die Ausgaben für die Projekte werden sich auf über 13 Milliarden Euro summieren, wie das Handelsblatt zu berichten weiss. Es geht zum einen um die Bestellung von vier Mehrzweckkampfschiffen MKS 180 für sechs Milliarden Euro. Zweitens soll nun neue AESA-Radartechnik für den Eurofighter bestellt werden, für 2,8 Milliarden Euro. Veranschlagt waren ursprünglich 1,7 Milliarden Euro. Auch dieses Projekt ist somit teurer geworden. Drittens will das Bundesverteidigungsministerium den Dienstleistungsvertrag mit der bundeseigenen IT-Gesellschaft BWI bis Ende 2027 verlängern und insgesamt für die Jahre 2021 bis 2027 um 4,6 Milliarden Euro aufstocken. Die Flugbereitschaft für die Bundesregierung soll für 128 Millionen Euro zwei neue Airbus A321 bekommen. Außerdem wurden Pläne aus dem Bundesverteidigungsministerium vorgelegt, die Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr von 2025 an durch bis zu 93 weitere Eurofighter-Jets zu ersetzen sowie 45 F-18-Kampflugzeuge von Boeing. Das US-Modell soll dabei für den elektronischen Luftkampf sowie für die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands an US-Waffen beschafft werden. Auch bewaffnete Drohnen stehen dem Militär in Aussicht. Der Siegeswille der deutschen Militärpolitik ist ungebrochen.

Auf dem Denkmal ist der Siegeswille der Deutschen eingemeißelt und Wilfried Porwol nahm dies zum Anlass seiner künstlerischen Umgestaltung dieses Schandmals. Nun wird er sich, weil er auch zum wiederholten Mal die Pinsel des Aktionskünstlers sprechen ließ, vor den Kadi rechtfertigen müssen. Die Stadt Kalkar verklagte ihn, nachdem sie den unversehrten Zustand des Schandmals wieder herstellte. Die Stadt stellte Strafanzeige wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung.

Gemeinschädlich ist die Militärpolitik aus historischer Betrachtung und auch heute. Was jedoch vielleicht an die Inquisition eines mittelalterlichen Schauspiels erinnert ist heutzutage eine absurde Realität. Man fragt sich, ob die städtischen Würdenträger nicht wie in Vorkriegszeiten siegestrunken agieren… Dazu diese nachdenklichen Zeilen von Bertolt Brecht:

Der schlimmste Analphabet ist der politische Analphabet. Er hört nicht, spricht nicht, und nimmt nicht an den politischen Ereignissen teil. Er weiß nicht, dass die Kosten des Lebens, der Preis der Bohnen, des Fisches, des Mehls, der Miete, des Schuhes und des Medikamentes von politischen Entscheidungen abhängen.

Der politische Analphabet ist so dumm, daß er stolz ist und sich in die Brust wirft um zu sagen, daß er Politik hasst.

Der Schwachsinnige weiß es nicht, daß aus seiner politischen Ignoranz die Prostitution, der verlassene Minderjährige, der Räuber und der schlimmste von allen Verbrechern – der politische Betrüger, korrupt, Lakai der nationalen und multinationalen Unternehmen resultieren.“

Soweit Berthold Brecht über die geistigen Horizonte, derjenigen, die heute noch deutsche Kriegstugenden zu verteidigen versuchen. Zäh wie Leder, flink wie ein Windhund und hart wie Kruppstahl. So sah Adolf Hitler die deutsche Jugend. Auch heute sind zahlreiche Auslands-Einsätze Deutschlands in Afghanistan, Mali, vor den Küsten des Sudan und in vielen anderen Zonen dieser Welt für die Jugend im Lande prägend. Brechts poetische Abrechnung zeigt gegenüber denjenigen, die weiterhin bestreiten, dass die Machtausübung militärischer Gewalt als zwangsläufige und notwendige Folge radikal-ökonomischer Interessen darstellen, dass sich an der bizarren Weltanschauung so mancher Zeitgenossen sich nichts geändert zu haben scheint. Wir brauchen jedoch keine Landsknechte, wir brauchen Friedensstifter, wir brauchen ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, wir brauchen eine verlässliche Daseinsvorsorge und gut bezahlte Pflegekräfte und Feuerwehrleute. Wir brauchen keine Privatisierung des Gesundheitssystems. Wir sind gegen die Militarisierung dieser Gesellschaft. Die Aufrüstung schadet den Menschen hier vor Ort und weit über diese Grenzen hinaus.

Rüstung schadet mit jedem Cent dieser Strategie eines gerechten Sozialstaates.

Rüstung tötet weltweit!

Wir sind für Frieden schaffen ohne Waffen, wir sind für diplomatische Regelungen unter den Völkern und Staaten, für Abrüstung und gegen einen weiteren Ausbau militärischer Strukturen in dieser Gesellschaft. Wir müssen aus der Geschichte lernen. Die Artikel des Grundgesetzes sind ein Aufruf gegen den politischen Analphabetismus in dieser Gesellschaft und nach Jahrzehnten reaktionärer und militaristischer und oft auch nicht bewältigter faschistischer Gesinnung sind sie ein Aufruf für einen demokratischen Wandel dieser Gesellschaft.

Wilfried Porwol verdient unsere Anerkennung und Vertrauen! Wir danken ihm für sein Engagement für Aufklärung und Frieden. Wir hoffen, dass er mit seiner Tatkraft uns auch in Zukunft Zeichen setzt!